Gedankensprung: Harry Potter Revisited

Ich habe jetzt fast genau ein komplettes Kalenderjahr voller Harry Potter hinter mir. Letzten Sommer habe ich das Computerspiel Hogwarts Legacy gespielt – und es hat mir einfach unglaublich gut gefallen. Meine Tochter hat mir dabei teilweise zugeschaut und fing dann im Herbst an, den ersten Band von Harry Potter zu lesen.
Ursprünglich wollte sie lieber die Filme anschauen, aber ich habe ihr gesagt, dass die Bücher besser sind – und dass sie durch die Filme allein viele Dinge nicht erfahren, nicht wissen und nicht wirklich verstehen würde. Also hat sie das erste Buch gelesen.

Als sie damit fertig war, haben wir uns gemeinsam den ersten Film angesehen. Danach haben wir das Brettspiel Kampf um Hogwarts herausgeholt und die erste Box – also das erste Schuljahr – gespielt.

So haben wir das ganze Jahr über weitergemacht:
Sie hat das zweite Buch gelesen, dann den zweiten Film geschaut, anschließend im Spiel die zweite Box geöffnet und wieder gespielt. Danach das dritte Buch, dritter Film, dritte Box – und so weiter.
Am Ende hatte sie das siebte Buch beendet, beide Filme zum letzten Band gesehen (Heiligtümer des Todes Teil 1 und 2) – und wir haben auch die letzte Spielbox gemeinsam gespielt.

Und als wäre das nicht schon genug, haben wir anschließend noch alle drei Phantastische Tierwesen-Filme angeschaut.

Jetzt ist schon wieder Juli – das bedeutet, es ist fast genau ein Jahr vergangen, seit ich Hogwarts Legacy begonnen habe. In diesen zwölf Monaten haben wir also folgendes geschafft: das Computerspiel, alle sieben Bücher, alle acht Filme (bzw. sieben plus Zweiteiler), alle sieben Boxen des Brettspiels und zusätzlich die drei Phantastische Tierwesen-Filme.

Was für eine Reise!
Was für ein tolles Erlebnis!
Meine Tochter hat es geliebt – und jetzt, wo alles „durch“ ist, hat sie sich aus meinem Regal das Smart Ten Harry Potter-Quizspiel herausgenommen und testet ihr Wissen. Sie beweist uns allen, dass sie wirklich alles gelesen, geschaut und verstanden hat.

Für mich war es ebenfalls eine besondere Erfahrung – auch, um gewisse Dinge neu zu betrachten und anders zu bewerten.

Beispiel 1: Das Kartenspiel
Ein gutes Beispiel ist das Kampf um Hogwarts-Kartenspiel.
Als ich das damals zum ersten Mal gespielt habe, fand ich es ehrlich gesagt nicht besonders toll – spielmechanisch etwas träge, zu langwierig und nicht besonders spannend.
Aber jetzt, im richtigen Kontext – also nachdem man das Buch gelesen und den Film gesehen hat – macht es richtig Spaß!
Als wir uns mit der ersten Box hingesetzt haben, die Karten angeschaut haben, auf denen Bilder und Zaubersprüche aus dem ersten Band waren – war meine Tochter begeistert. Und auch ich hatte plötzlich Spaß daran.
Das Spiel an sich ist kein herausragendes Meisterwerk, aber es ist auch nicht schlecht – es kommt auf den Kontext an.
Und auf die Zielgruppe.
Wenn ein junger Harry-Potter-Fan frisch das passende Buch gelesen und den Film gesehen hat, dann ist dieses Spiel einfach eine schöne Ergänzung.

Beispiel 2: Der Halbblutprinz
Ein weiteres Beispiel: Band sechs – Der Halbblutprinz.
Ich erinnere mich, dass mir dieses Buch früher am wenigsten gefallen hat. Aber diesmal, beim gemeinsamen Lesen mit meiner Tochter und anschließendem Filmschauen, hat mir die Geschichte plötzlich deutlich besser gefallen.
Das war eine echte Neuentdeckung für mich.

Beispiel 3: Phantastische Tierwesen
Und schließlich die Phantastische Tierwesen-Filme.
Wenn man alle sieben Bücher gelesen und alle Filme gesehen hat, wirken diese drei Filme plötzlich viel besser, als man sie in Erinnerung hatte.
Es gibt unglaublich viele Easter Eggs und Details, die man nur erkennt, wenn man mit dem Harry-Potter-Universum wirklich vertraut ist. Und genau da lag vermutlich auch das Problem:
Als diese Filme ins Kino kamen, hatten viele Fans die Details der Bücher schon vergessen – oder waren einfach nicht mehr so emotional eingebunden. Es war schwer, neue Zuschauer abzuholen, weil man zu viel Vorwissen brauchte.
Als diese Filme damals in die Kinos gekommen sind, haben die meisten Harry Potter Fans viele Details schon wieder vergessen, viele Harry Potter Fans waren schon erwachsen und hatten kein Interesse mehr ins Kino zu gehen und um neue Fans abzuholen haben die Filme einfach viel zu viel Vorwissen erfordert. Deswegen sind sie leider auch nicht gut angekommen und ist auch nie ein vierter und fünfter Teil gemacht worden, was ich sehr schade finde. Denn jetzt im richtigen Kontext sind die Phantastische Tierwesen richtig tolle Filme, die aber eben nur funktionieren, wenn man die sieben Harry Potter Bücher gelesen hat und dann mit dieser Energie, mit diesem Elan da hineingeht. Aber dafür sind sie leider viel zu spät gemacht worden und das Publikum war leider nicht mehr zahlreich genug, um die Filme in ihrer Qualität zu schätzen.
Deswegen floppten die Filme an den Kinokassen und es wurden leider keine weiteren Teile produziert. Dabei stecken in den drei vorhandenen Filmen viele starke Elemente.

Fazit:
Dieses Jahr hat meine Liebe zu Harry Potter wieder neu entfacht – vielleicht sogar stärker als je zuvor.

Natürlich stehen zwei Fragen im Raum, wenn man sich mit Harry Potter beschäftigt:
– Wie geht man mit J. K. Rowlings kontroversen Ansichten um?
– Was hält man von der geplanten neuen Serie?

Ich finde:
Man muss diese Fragen nicht zwingend beantworten, nur weil man Fan eines Franchise ist.
Nur weil man ein Buch, einen Film oder ein Lied liebt, ist man nicht automatisch verpflichtet, den Schöpfer zu verteidigen – oder sich vom Werk zu distanzieren.
Für mich sind Werk und Autorin zwei verschiedene Dinge.
Ich liebe Harry Potter, die Bücher, die Filme, die Spiele.

Ob ich mir die neue Serie ansehen werde?
Eher nicht. Aber wenn meine Tochter sie schauen möchte, werde ich es ihr sicher nicht verbieten – und vielleicht schauen wir sie dann sogar gemeinsam.
Mal sehen, was noch kommt.

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