Buch: Corey, James S. A. – The Mercy of Gods (The Captive’s War 1)

Als großer Fan der Expanse-Reihe war meine Vorfreude auf das neue Werk von James S. A. Corey – dem Pseudonym der Autoren Daniel Abraham und Ty Franck – entsprechend groß. Doch The Mercy of Gods, der erste Band der neuen Trilogie The Captive’s War, hat mich leider nicht so abgeholt, wie ich es mir erhofft hatte.
Inhalt: In der fernen Zukunft hat die Menschheit die Galaxis besiedelt. Die Erde ist nur noch ein Mythos, und auf dem Planeten Anjin weiß niemand mehr, wann und auf welche Weise die Menschen hierher gekommen sind. Dafyd Alkhor führt ein bequemes Leben als Forschungsassistent für einen brillanten Wissenschaftler und sein Team. Bis eines Tages die Raumschiffe einer Alien-Zivilisation namens Carryx auftauchen und binnen kurzer Zeit die menschliche Bevölkerung auf einen Bruchteil dezimieren. Nur die schlausten Köpfe und wichtigsten Politiker werden gefangen genommen, unter ihnen auch Dafyd, und auf die Heimatwelt der Carryx verschleppt. Und sie müssen ihren Wert für die Eroberer erst noch unter Beweis stellen. Das Schicksal der Menschheit liegt auf einmal in den Händen von Dafyd Alkhor und seinen Gefährten.
Ich habe The Expanse mehrfach gelesen, bzw. gehört, vor allem wegen der Figuren, die mir ans Herz gewachsen sind. Der ruhige, reflektierte Erzählstil, die glaubwürdige psychologische Tiefe, das langsame, aber stetige Fortschreiten der Handlung. All das habe ich geschätzt. The Mercy of Gods besitzt vieles davon ebenfalls: Der Schreibstil ist erneut unaufgeregt, klug und präzise. Auch die Geschichte entfaltet sich in Echtzeit, ohne hektische Zeitsprünge oder künstlich erzeugtes Drama. Das ist positiv, aber leider nicht genug.
Was mich am meisten irritiert hat, war der übertriebene Drang, die außerirdischen Wesen und ihre Kulturen möglichst fremdartig und „unmöglich“ zu gestalten. Natürlich erwartet man in Science-Fiction fremde Welten, aber hier wirkt vieles überkonstruiert und beinahe albern. Die vielen seltsamen Spezies und Konzepte tragen nicht wesentlich zur Geschichte bei und erschweren den Zugang. Anstatt zu staunen, blieb bei mir oft nur ein Kopfschütteln zurück.
Inhaltlich geht es um große Themen: Biologie, Psychologie, Evolution, Macht und Unterwerfung. Der Handlungsort, der Planet Anjin, wirkt dabei irritierend erdähnlich, obwohl die Menschheit dort längst vergessen hat, woher sie kommt. Die Geschichte folgt einer Gruppe von Gefangenen, darunter der Forschungsassistent Dafyd Alkhor, die von der außerirdischen Rasse der Carryx auf einen anderen Planeten verschleppt werden. Sie sollen sich dort beweisen und vielleicht sogar die Gesellschaft ihrer Eroberer von innen heraus verändern.
Vor allem habe ich mich auch gewundert, warum so viel Platz darauf verschwendet wird, den Planeten Anjin zu beschreiben, eine Art Mysterium aufzubauen, wenn die Protagonisten dann eh entführt werden und die Geschichte woanders spielt. Ganz ehrlich: Ich hätte es interessanter gefunden, wenn der gesamte Roman auf dem Planeten Anjin spielt und die vergessene Kolonie nach ihrem Ursprung zwischen den Sternen sucht. Denn ob die Carryx jetzt Menschen direkt von der Erde oder von einem anderen Planeten entführen, macht gar keinen Unterschied.
Das Konzept klingt spannend, ist aber in der Umsetzung oft zäh. Besonders der Mittelteil des Romans zieht sich mit langatmigen Dialogen, Experimenten und introspektiven Passagen. Die ständigen inneren Monologe, das Trauern über Vergangenes und die psychologischen Abgründe der Figuren wirken manchmal zu breit ausgewalzt. Und obwohl das zentrale Motiv – Hoffnung, Freundschaft und Widerstand trotz Aussichtslosigkeit – stark sein könnte, gelingt es den Autoren nicht immer, daraus emotionale Tiefe zu entwickeln. Vieles bleibt auf Distanz.
Einige Figuren, wie Jessyn, bleiben im Gedächtnis, aber es sind insgesamt zu viele, man verliert bald den Überblick und kann zu keinem eine richtige emotionale Bindung aufbauen. Auch das Konzept eines dritten Spielers, eines Spions oder Gegners der Carryx, der sich mitten unter den Menschen verbirgt, bringt Spannung. Aber vieles wirkt wie ein langes Setup für die eigentliche Geschichte, die wohl erst im zweiten Band richtig an Fahrt aufnehmen wird.
The Mercy of Gods ist kein schlechtes Buch, aber es reicht in meinen Augen nicht an das Niveau von The Expanse heran. Die Welt ist originell, die Themen ambitioniert, der Stil gewohnt souverän. Doch die emotionale Bindung fehlt, das Erzähltempo schwankt, und viele Entscheidungen – von der Darstellung der Alienkulturen bis zur Charakterentwicklung – wirken überzogen oder unzugänglich.
Wer ein Faible für detailreiche, philosophische Science-Fiction hat und sich nicht von einem langsamen Start abschrecken lässt, könnte hier dennoch auf seine Kosten kommen. Für mich persönlich bleibt The Mercy of Gods ein interessanter, aber durchwachsener Auftakt und ich hoffe, dass die Folgebände (The Faith of Beasts erscheint im April 2026) mehr erzählerischen Schwung und emotionale Tiefe mitbringen.
Fazit: Kann probiert werden.

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