Gedankensprung: Essen 2025 & Der Fluch des Loots

Dieses Jahr ist die SPIEL in Essen nicht komplett an mir vorbeigegangen.
Ich habe sie auf verschiedenen Social Media Kanälen verfolgt und einige meiner Freunde waren dieses Jahr auch wieder dort, ich werde also in den nächsten Monaten hoffentlich in den Genuss kommen, einige der Neuigkeiten auszuprobieren.
Ich wollte mir diesmal aber die Zeit nehmen und über ein Thema nachdenken, welches mich schon seit Jahren ärgert und diesmal noch weiter ausgeartet ist: Loot. Wenn man in den letzten Tagen auf Instagram war (nicht nur dort) und man hauptsächlich Personen folgt, die Beiträge über Gesellschaftsspiele posten, dann wurde man geflutet mit Fotos zum Hashtag „Loot Essen 2025“, oder noch extremer „Loot Essen 2025 Day 1“ usw.
Prinzipiell habe ich kein Problem damit, dass Menschen ihr Geld für ihr Hobby ausgeben und jeder soll so viel kaufen, wie er möchte. Nur frage ich mich, wie viele dieser Spiele dann auch wirklich gespielt werden, denn interessanterweise ist ein anderer beliebter Hashtag in der Board-Game-Community das „Shelf of Shame“, also eine Sammlung von Brettspielen, die zwar gekauft, aber noch nicht gespielt wurden
Hype wird generiert für Spiele, die in Essen erscheinen (boardgamegeek.com listet 1368 Titel für 2025), Fans rauschen dorthin, kaufen ein, spornen sich gegenseitig mit Loot-Fotos an, aber nur ein Bruchteil davon wird dann auch wirklich gespielt und die große Mehrheit ist fast schon nach einem Monat wieder vergessen. Teilweise habe ich das Gefühl, dass Spiele einfach nur „besorgt“ werden, um ein schönes Loot-Foto schießen zu können und Monate später noch eins vom Shelf of Shame.
Ich merke das oft, wenn ich im Frühling ein Spiel spiele, das ein Freund aus Essen mitgebracht hat, also fast ein halbes Jahr später und dann darüber schreibe. Auf Social Media ist das Spiel bereits tot und generiert null Aufmerksamkeit. Ist ja okay, man soll Spiele nicht für Klicks spielen, aber es ist trotzdem schade.
Ich weiß aus eigener Erfahrung und wegen meiner Kontakte mit Brettspielautoren, wie viel Arbeit hinter einem Spiel steckt, wie lange am Prototypen gearbeitet wurde und wie viel Zeit der Verlag dann noch zusätzlich investiert. Dann erscheint das Spiel in Essen (oder einem anderen dieser Events), ist für ein paar Tage in aller Munde (wenn überhaupt) und wird dann sofort vom nächsten Spiel eines anderen Autors von einem anderen Verlag ersetzt. Aus den Augen aus dem Sinn und weg vom Spieltisch.
Wie bereits gesagt, jeder soll tun, was ihn glücklich macht und sein Geld so ausgeben, wie er es für richtig hält. Ich finde es einfach schade, dass unser Hobby so kommerzialisiert wurde. Natürlich, Menschen tun etwas gerne und möchten dann ihr Hobby zum Beruf machen. Es ist ja immer schön, wenn das klappt. Aber „Beruf“ bedeutet nun mal, Geld verdienen und wenn zu viele Leute mit dem gleichen Ding Geld verdienen wollen, entsteht halt ein Überangebot.
Das ist aber für die Kunden nicht nur eine finanzielle Belastung, sondern auch eine psychische. Daher beobachte ich in meinem Bekanntenkreis nun schon seit ein paar Jahren, dass immer mehr Spielefans bewusst keine neuen Spiele kaufen. Ich selbst mache das übrigens auch. Wenn ich selbst einen Spieleabend organisiere, hole ich ältere, bereits bekannte Spiele aus dem Regal, die mir gefallen und die ich wieder mal spielen will. Wenn ich bei Freunden nachhause eingeladen werden, ist das ebenso der Fall. Nur wenn wir die Spieleabende in Clubs, Cafés oder Geschäften besuchen, probieren wir neue Spiele aus. Das empfinde ich als extrem angenehm und sorgt auch dafür, dass Spiele in meinem Regal nicht verstauben.
Wenn Menschen im Bereich der Gesellschaftsspiele Geld verdienen können, sei es als Autoren, Verleger, Künstler, Kritiker oder Influencer, dann freut mich das natürlich für sie, ich frage mich aber, wann bei den Kunden eine Übersättigung stattfinden wird (bei mir und meinen Freunden ist das ja schon der Fall) und wann die Branche das dann auch spürt. Ein paar Verlage hat es in den letzten Jahr ja auch bereits getroffen: Ludonaute, Mythic Games, Game Brewer, FunForge, Greater Than Games oder etwa CMON, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Der Verlagsleiter von Ludonaute begründet die Entscheidung zur Verlagsschließung u. a. mit einer Überproduktion im Markt und wirtschaftlichen Zwängen: „Wir haben die Entscheidung getroffen, keine neuen Spiele mehr zu veröffentlichen … und wir beobachten, dass derzeit zu viele Spiele produziert werden.“ (‘Passion in board game profession has given way to economic reality’)
Ich will da jetzt nicht groß Schwarzmalerei betreiben und die Spielemesse in Essen 2025 war von der Besucherzahl her auch wieder ein voller Erfolg, aber man macht sich halt Gedanken.

Über die diversen Social Media Kanäle hätte ich kein Spiel entdeckt, welches das große Muss-Unbedingt-Haben-Spiel dieser Messe gewesen wäre. Ich habe mich dann hingesetzt und die Liste auf boardgamegeek.com ein bisschen überfolgen, um zu schauen, ob mir irgendein Spiel ins Auge springt. Doch leider muss ich sagen, dass nichts davon mein Interesse derart geweckt hätte, dass ich bei meinem Spieleclub dafür unbedingt eine Runde organisieren möchte. Wie bereits lang und breit ausgeführt, ich bin einfach übersättigt. Dazu kommt noch, dass ich bereits seit Jahren eine große Wunschliste mit mir führe, die einfach nicht kleiner wird.
Hier also meine persönliche Spielewunschliste, die immer noch gigantisch ist und ich habe keine Ahnung, wann ich die mal spielen soll:
Earth (Inside Up Games), Endeavor: Deep Sea (Grand Gamers Guild), Let’s Go! To Japan (Alderac Entertainment Group), Arche Nova (Feuerland), Distant Suns (IELLO), Trails of Tucana (Pegasus Spiele), Dive (Pegasus Spiele), Beyond the Sun (Rio Grande Games), Aquatica (Cosmodrome Games), Ecos – First Continent (AEG), Ishtar (Iello), Queenz (Rio Grande Games), Barrage (Feuerland Spiele), Black Angel (Asmodee), Detective – City of Angels (Van Ryder Games), Deep Blue (Days of Wonder), Hadara (Hans im Glück), Cassiopeia (Hobby World), Offshore (Aporta Games), Orb Hunters (Ediciones Primigenio), Skytopia (Cosmodrome Games), City of Rome (Abacusspiele), Futuropia (Friedemann Friese, 2F-Spiele), Blue Lagoon (Blue Orange), The River (Days of Wonder), Ceylon (Ludonova), Passing Through Petra (Renegade), Carpe Diem (Alea), Teotihuacan (Schwerkraft), City of Gears (Grey Fox Games), Altiplano (dlp games), Majesty (Hans im Glück), First Class (Hans im Glück), Madeira (What’s Your Game?), Rajas of the Ganges (Huch!), Yokohama (Tasty Minstrel Games), Blood Rage (CMON), Abyss (Bombyx), New York 1901 (Blue Orange Games) und Oben und Unten (Schwerkraft-Verlag).

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