Ich habe bereits bereits im November 2018 an dieser Stelle einen Beitrag zu diesem Thema verfasst, wurde jetzt aber wieder damit konfrontiert.
Was ist passiert? Das Kartenspiel Der Herr der Ringe – Die Gefährten. Das Stichspiel (Office Dog) ist veröffentlicht worden. Ich hatte bereits gehört, dass es wie das Spiel Die Crew (Kosmos) sein solle, eine Kopie sogar. Nun, Die Crew ist objektiv betrachtet ein richtig gutes Spiel, aber es war für mich persönlich nicht so der große Hit, weshalb ich es anfänglich ein paar mal gespielt habe, dann nie wieder. Entsprechend habe ich auch nicht die Fortsetzung Die Crew – Mission Tiefsee gespielt und hatte auch kein Interesse an Der Herr der Ringe – Die Gefährten. Das Stichspiel. Freunde von mir, große Fans von Die Crew und Herr der Ringe haben sich dieses Spiel dann sofort besorgt, wir haben es gespielt, hatten als Gruppe Spaß und ich habe es erneut objektiv als ein gutes Spiel empfunden. Ja, die Mechaniken sind gleich, aber in diesem Moment habe ich an nichts Böses gedacht und meiner Meinung nach – auch bedingt durch meine nur noch nebulöse Erinnerung an Die Crew – gibt es genug Unterschiede. Ich bin, naiv, einfach davon ausgegangen, dass Asmodee, zu dem Office Dog ja gehört und weshalb es die Herr der Ringe IP verwenden durfte, sich da rechtlich abgesichert hat.
Entsprechend habe ich dann auch auf diesem Blog eine kurze positive Rezension mit Empfehlung für Der Herr der Ringe – Die Gefährten. Das Stichspiel veröffentlicht.
Im Nachinein wurde ich dann jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass hier genauso unlauter vorgegangen wurde wie beispielsweise damals mit Clans of Caledonia gegenüber Terra Mystica und Crypto Cartel gegenüber Bohnanza, weshalb ich ja bereits damals den Beitrag Plagiate bei Brettspielen verfasst hatte.
Konkret bezieht sich der Vorwurf aber nicht auf das originale Die Crew, sondern auf dessen Fortsetzung Die Crew – Mission Tiefsee, was ich nicht gespielt habe. Denn das ist der springende Punkt. Im Vergleich mit dem originalen Die Crew hat Der Herr der Ringe – Die Gefährten. Das Stichspiel noch genug Unterschiede, um von einem „geistigen Nachfolger“, einem „Derivativ“ zu sprechen, entsprechend auch mein Eindruck und meine Rezension. Wenn man aber Die Crew – Mission Tiefsee anschaut, was ich, wie gesagt nie gespielt habe und erst jetzt mir konkret angeschaut habe, dann ist Der Herr der Ringe – Die Gefährten. Das Stichspiel tatsächlich fast eine Kopie davon, nur mit einem anderen Thema obendrauf.
Da sind wir bei dem Punkt angekommen, den ich bereits damals angesprochen habe, dass wenn man kein Kapital in Copyright-Rechte investiert, man nachher eigentlich keine rechtliche Handhabe hat, gegen so etwas vorzugehen. Ich wüsste auch gar nicht, ob man Mechanismen oder Spielideen per se schützen lassen kann. In der Branche wird einfach auf einen ungeschriebenen Ehrenkodex vertraut und gehofft, dass man sich im Regelwerk irgendwie für die Übernahme der Mechanik bedankt oder zumindest die Anleihungen zugibt. Das ist in diesem Fall alles nicht passiert. Office Dog hat Die Crew – Mission Tiefsee schamlos kopiert und mit keinem Wort irgendeine Würdigung abgegeben.
Juristisch ist hier sicher alles einwandfrei verlaufen, aber moralisch bleibt ein fahler Beigeschmack hängen. Denn nicht nur, dass im Regelwerk zu keinem Zeitpunkt auf auf Die Crew – Mission Tiefsee Bezug genommen wird, sondern der Autor schreibt auch noch auf boardgamegeek ein Designer Diary, wo er ebenfalls Die Crew – Mission Tiefsee komplett außen vor lässt. Wenn man dann aber Heft 2/2025 der Zeitschrift Spielbox gelesen hat, weiß man jedoch, dass der Autor von Der Herr der Ringe – Die Gefährten. Das Stichspiel im Jahr 2022 den Autor von Die Crew – Mission Tiefsee zwecks Kooperation angefragt hat, wozu es jedoch nicht gekommen ist.
Natürlich wurde hier kein Verbrechen begangen und für die meisten Leute sind solche Dinge auch komplett irrelevant. Aber ich finde doch, dass man als Spieleautoren eine Community ist, die sich gegenseitig unterstützen und wertschätzen sollte. Spieleautoren verdienen nicht viel an ihren Spielen und für die meisten ist es nur ein Hobby. Umso wichtiger ist es, zumindest einen moralischen Lohn zu erhalten, wenn es monetär schon nicht klappt. Ich verstehe nicht, was so schwer daran ist, zuzugeben, was einen inspiriert hat. Eine Art Quellenangabe sollte zum guten Ton gehören.
Besonders heute, wo alle kreativen Branchen damit zu kämpfen haben, dass ihre Werke von Datenkraken eingesaugt und an KIs verfüttert werden, ist es umso wichtiger, im zwischenmenschlichen Bereich noch ein Mindesmaß an Respekt aufzubringen und Quellen, Inspirationen zu nennen. Denn im ärgsten Fall kann einfach jede Firma, die irgendwelche IPs besitzt, einfach eine KI damit beauftragen, Spiel X mit IP Y zu verbinden, dieses selbst auf den Markt bringen und damit Autoren, Grafiker, Redakteure etc. obsolet machen.
Es ist schön und gut, dass ich hier in meiner kleinen Ecke des Internets mit der Fackel schwinge und Wolf rufe, aber wenn niemand der Betroffenen (Autor, Verlag) einen offenen Brief schreibt oder ein offizielles Statement abgibt, wird es halt nicht publik und keine Wellen schlagen. Es wäre vielleicht auch ein Thema für die Spiele-Autoren-Zunft e. V. (SAZ).
Es ist wie mit meinen Kollegen bei der Arbeit. Seit Jahren beschweren sie sich in der Teeküche im geschützten Eckchen über Dinge, aber wenn ich dann sage, sie sollen den Mund aufmachen und zu den Verantwortlichen gehen, dann zucken sie nur mit den Schultern und hüllen sich in Schweigen. Wenn immer nur Zaungäste (ich aus der anderen Abteilung oder ich als kleiner Blogger) auf Missstände aufmerksam machen, aber die Betroffenen selbst nichts sagen, dann wird sich halt auch nichts ändern.


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